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Aufzeichnungen eines Wahnsinnigen von Nikolai Gogol

Widmen wir uns bestimmten Verhaltens- und Denkmustern die nicht der akzeptierten sozialen Norm entsprechen.  In unserem Fall gehören diese nicht akzeptierten Verhaltens- und Denkmuster zu einem jungen Mann, der auf den Namen Aksenti Iwanowitsch hört und dessen Tagebuch wir lesen dürfen;
und der uns klammheimlich, quasi durch das Schlüsselloch teilhaben lässt an seinen Gedanken und seinem langsamen Abgleiten in den Wahnsinn.

03. Oktober 1833.

Aksenti, der Tagebuchschreiber, wirkt zu Beginn relativ normal, etwas seltsam vielleicht, aber wer ist das nicht? Der Leser erfährt von Problemen die er im Job hat und von dem Druck, der dort auf ihm lastet, nicht zuletzt eben wegen seiner etwas sonderbaren Art. Zusätzlich zu diesen beruflichen Problemen bekommt er auch privat negative Feedback von seiner unglücklichen, weil nicht erwiderten Liebe zur Tochter des Generaldirektors.

Als er seine Angebetete zufällig auf dem Weg zur Arbeit in einen Laden gehen sieht, versteckt er sich und schnappt ein Gespräch zwischen ihrem Hund und einem anderen Köter auf, die sich zu kennen scheinen und spätestens hier verschwimmen die Grenzen zwischen Realität und Wahnsinn leicht.

Danach plätschert sein Leben bis in den November hinein einfach so dahin. Er geht ins Theater, zur Arbeit, führt einen imaginären Krieg mit seinem Abteilungsleiter, der es auf ihn abgesehen zu haben scheint und hin und wieder sieht er seine angebetete, die Tochter des Generaldirektors, die seine Existenz bisher aber noch nicht einmal erahnt.

Dann am 11. November fällt ihm das belauschte Gespräch zwischen den beiden Hunden wieder ein, in dem sie erwähnten, dass sie sich regelmäßig Briefe schreiben und ihm ist klar, dass er an diese Briefe rankommen muss, weil die Hunde natürlich über ihre Herrchen schreiben werden und er so an mehr Informationen über seine Geliebte kommen kann.

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Am 12. November macht er sich auf den Weg um der Töle einen Besuch abzustatten. Er verschafft sich gewaltsam Zugang zu besagter Wohnung und durchwühlt dort den Hundekorb und verschwindet mit einem Packen Papiere.

In den nächsten Tagen liest und kommentiert bzw. interpretiert er die Korrespondenz der beiden Hunde,  auf der Suche nach Details über seine Angebetete. Und natürlich wird er fündig: Angeblich hat sie einen Freund und es wird sogar schon laut über eine Hochzeit nachgedacht. Diese Art Information hatte wohl gereicht um seinen Geisteszustand vollends ins Wanken zu bringen .

Als er dann im Dezember vom Tod des spanischen Königs liest, geht er ab dem 8. Dezember nicht mehr Arbeiten und denkt die ganze Zeit über das spanische Problem nach, bis ihm irgendwann bewusst wird, dass er der Thronfolger ist – und er wundert sich, dass er es erst jetzt gemerkt hat.

Ab diesem Punkt gibt es keine korrekten Angaben über das jeweilige Datum mehr, stattdessen folgen Phantasiebezeichnungen weshalb der weitere Ablauf zeitlich nicht mehr nachzuvollziehen ist. Er schlägt nochmal im Büro auf, kann sich als König aber nicht dazu durchringen, eine der niederen Arbeiten zu verrichten. Irgendwann unterschreibt er einen Schriftsatz mit: Ferdinand der VIII und verlässt umgehend sein Büro, …. zum letzten mal.

Aksenti oder besser gesagt Ferdinant wartet ungeduldig auf die spanische Delegation, die ihren neuen König abholen wird. Er irrt durch die Stadt und zerbricht sich den Kopf, warum sie so lange brauchen und wer sie aufgehalten haben könnte. Mitten in den ganzen Phantastereien überrascht dann ein plötzlich sehr klar wirkender Eintrag:

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Madrid, den 30. Februaris

Er wurde endlich abgeholt und nach Spanien gebracht. Durch die gute Zug- und Schiffanbindung in ganz Europa hat es überraschenderweise nur 30 Minuten gedauert bis er dort ankam. Doch bevor er endgültig zum König gekrönt wird, muss er harte Prüfungen durchlaufen deren bestehen beweisen soll, dass er des Amtes würdig ist. Alles Formsache.
Das ist so ein Ritterding.

In den nächsten Eintragungen merkt man dann langsam, dass das gar keine Hirngespinste von ihm waren. Er wurde tatsächlich abgeholt und weggebracht – nur eben nicht nach Spanien sondern in eine Irrenanstalt.

Es folgt das Zusammenbrechen Aksentis unter den Torturen die er durchlaufen muss um König von Spanien zu werden. Und wer wissen will um welche Torturen es sich handelt, der kann sich ja mal über die Behandlung von Geisteskranken im 18./19. Jahrhundert informieren indem er bei Wikipedia nach: Geschichte der Psychiatrie sucht.


mehr Kontext:

  • die Erzählung ist im Jahre 1835 erschienen

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